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Musikalische Figuren -- Monteverdis Erbe
beobachtet bei Schütz, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann

Seminar im Rahmen der 9. Tage für Alte Musik, Berlin, 2000

Aus der Seminarankündigung:

  • Musikalisch-rhetorische Figuten sind bestimmte Ausdrucksweisen in der Komposition, die dazu dienen, Musik anschaulich und in einem beabsichtigten Sinn überzeugend werden zu lassen.
  • Vergleiche allgemeiner Art zwischen Musik und Rhetorik hat es seit der Antike gegeben. Rhetoriker wie Cicero und Quintilian wiesen auf den Nutzen musikalischer Kenntnisse für den Redner hin, später, vor allem seit dem 16.Jh., waren es die Musiker, die sich auf das Vorbild der Antike beriefen.
  • In der Renaissance, als die klassische Rhetorik Vorbild wurde, begann man, die von Quintilian aufgezeigten und geforderten Wirkungen auch in der Musik bewusst anzustreben und bestimmte Affekte auszudrücken.
  • Nachdem schon um 1500 Josquin die musikalische Gestaltung in den Dienst der Darstellung und Ausdeutung der Worte gestellt hatte, prägten sich im 16. Jh. Tendenzen zur eigenständigen Sprachhaftigkeit der Musik immer mehr aus. Es wuchs die Erkenntnis der Bedeutung von grammatischen und semantischen Elementen in der Musik.
  • Dies war die Zeit, als die -- wie Moser schreibt -- “leidenschaftlichsten Temperamente der Musikgeschichte” Monteverdi und Schütz wirkten.
  • Die Entwicklung mündete um 1600 in die Benennung musikalisch-rhetorischer Figuren und in die Erkenntnis, dass eine Komposition den gleichen Aufbau hat wie eine Rede mit ihren definierten Teilen. Als Figur wurde eine melodische oder harmonische Wendung bezeichnet, die von der natürlichen Kompositionsweise abweicht, wodurch die Musik geschmückter und kunstvoller wird.
  • Die Mittel, mit denen eine Komposition ausgeschmückt werden konnte, reichten von bestimmten satztechnischen Verfahren, wie gesteigerte kontrapunktischer Arbeit in Gestalt von mehr oder weniger strengen Imitatinen, von kunstvoll textgerecht gestalteten Kadenzen über Wiederholungsbildungen sehr verschiedener Art und bestimmte Formen der Dissonanzbehandlung bis zu ungewöhnlichen melodischen Fortschreitungen.
  • Moser: “Was Monteverdi über Schütz an Bach vererbt hat, ist kaum zu ermessen”. Dass Figuren verschiedenster Art, seien es Wiederholungs- oder Pausenfiguren oder auch harmoniegezeugte Figuren, in der Musik unserer Tage im gleichen Sinne verwendet werden, lässt sich nachweisen. Und dass die Wiener Klassiker sowie Schubert und Schumann, Wolf und Mahler bestens mit dem Wissen um rhetorische Figuren ausgestattet waren, ist offenkundig.

An den beiden Seminartagen soll beobachtet werden, wie Monteverdis Erbe weitergewirkt hat, wie der Aufbau und der Ausdruck der früheren Klangrede sich in der späteren darstellen.

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